Im Geiste Schillers
Über den Segen der Deutschen Kultur -
Gwendolin Walter-Kirchhoff machte uns in dieser Lesung mit dem Werk von Schiller: „Ästhetische Briefe“ bekannt. Er bearbeitete darin seine Erkenntnisse über die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und dem, was danach passierte. Es war eine Zeit, in der es geschichtlich einen Übergang gab, so wie aktuell bei uns, und in der die Menschen nicht wussten, wie es weitergehen würde.
Weiterhin ließ sie uns an ihren Überlegungen teilhaben, welche seiner Erkenntnisse wir in unserer Zeit für unsere Entwicklung und unser Handeln aus diesem Werk ziehen können.
Schiller war nicht nur Dichter, sondern auch Philosoph, Historiker und Ästhetiker.
Er entwickelte eine neue Form der Erziehung, die ästhetische Erziehung, und nennt sie die normative Ästhetik:
Der Mensch möchte gestalten und dadurch sein ICH entwickeln. Der Staat muss die Gestaltungskräfte zulassen. Es geht um die Bildung, das Aufrichten und die Entfaltung des ICH eines jeden Menschen.
In seinen „ästhetischen Briefen“ macht er die Aussage, das alle Kräfte im Menschen sich einer bestimmten Ordnung fügen wollen. Er beschrieb drei Triebe, die ersten beiden bekämpfen sich gegenseitig:
- der Stofftrieb steht dafür, das alles sich verändert und
- der Formtrieb möchte die Würde des ICH wahren, die Beständigkeit.
- der dritte Trieb, der Spieltrieb, ermöglicht in der Kunst die beiden anderen Triebe zu vereinen.
Die Wirksamkeit der ästhetischen Erziehung, die Bildung des ICH mittels sozialer Kunst, wurde erfolgreich in Volksschulen bewiesen, die der Pädagoge Grundvig in Dänemark gründete und die sich im Land und über die Landesgrenzen verbreiteten. Eine Studie von L.-R. Andersen und T. Björkman berichtet über das skandinavische Bildungswunder, das Skandinavien innerhalb weniger Jahrzehnte von feudalen Agrarstaaten in egalitäre Demokratien verwandelt hat.
Leider haben diese Länder später ihre Bildung nach angelsächsischen Muster verändert , das die Bildung des ICH unterdrückt. Das Individuum soll Ziele übernehmen und nicht selbst welche setzen. Vor wenigen Jahren haben sie die negativen Auswirkungen erkannt und sind dabei, das Schulsystem wieder in Richtung ICH Bildung zu verändern. In Deutschland jedoch leider noch nicht.
Hier folgen ein paar der Aussagen von Gwendolin Kirchhoff, die sich auf unsere aktuelle Situation beziehen:
Die normative Ästhetik ist eine gute Basis, eine Leitschnur, neben der freien Form der Kunst, Entwicklung aus dem Hier und Jetzt zuzulassen.
Schiller sagte: die Menschheit hat ihre Würde verloren, aber die Kunst hat sie gerettet.
Wir dürfen uns nicht vor uns selbst entwürdigen!
Kirchhoff empfiehlt, sich selbst zu fragen :
Wo ist unsere Würde?
Was spreche ich an? Was spreche ich nicht an?
Beispiel: es gibt in der Kunst heutzutage Ausprägungen, die Frau Kirchhoff schlecht findet. Vor allem dann, wenn das ICH (des Künstlers) nicht erkennbar ist. Sie nimmt sich heraus, dies offen zu äußern und fordert jeden auf, dies auch zu tun, wenn ihm etwas missfällt. (Anm. dies bezieht sich nicht nur auf Kunst!)
Wir wollen keine Welt ohne Widerspruch. Am Widerspruch erkennen wir unser ICH und das ICH des Anderen. Und wir wachsen daran.
Fehler dürfen sein. Versuch und Irrtum gehört zum Wachsen und Gestalten dazu.
Unsere Aufgabe ist, sich in Richtung des Guten gestalterisch in Bewegung zu setzen.
Musik ist Spiel.
Wir gestalten in der Zeit.
Ich kann mein eigenes Spiel spielen, jetzt!
Wir tun es aus uns selbst heraus.
Es geht um die Bildung und das Aufrichten des ICHs, dass sich selbst entfaltet in dem es die Möglichkeit hat und nutzt, im Hier und Jetzt zu gestalten.
Das das Tiefe, das in uns ist, in Bewegung kommt und mit anderen geteilt wird.
Die Würde ist jetzt, die Zukunft ist jetzt.
Der Weg ist zurückgelegt, sobald er eingeschlagen wurde.
Gib der Welt die Richtung zum Guten.
Es geht darum, dass Konkrete, Menschliche auszusprechen, dass einen umgibt und der eigenen Lebenswelt entspricht. (nicht etwas, das die Medien propagieren) Es geht auch um Äußerungen über die eigene Gefühlswelt.
Die alten ästhetischen Regeln sind ein Prüfstein zu erkennen, was Bestand haben wird über die Jahrhunderte von dem Neuen und was nicht. (Stichwort Gendern)d