Kognitive Kriegsführung
Neueste Manipulationstechniken als Waffengattung der NATO –
Dr. Jonas Tögel ist Amerikanist und Propagandaforscher, der seit vielen Jahren zu dem Thema Manipulation forscht. Unter anderem hat er sich mit offiziellen Dokumenten der NATO beschäftigt. Kognitive Kriegsführung ist ein Begriff der NATO, die für ihre Aktionen vorher die Zustimmung und das Vertrauen der Bevölkerung herstellen möchte. Der Begriff und seine Beschreibung sind offiziell in den NATO – Dokumenten zu finden. Kognitive Kriegsführung nutzt die Erkenntnisse der Psychologie über das Unterbewusstsein, um das rationale Bewusstsein der Menschen zu umgehen und deren unterbewussten Emotionen anzusprechen. Das macht die Menschen manipulier- und steuerbar, ohne das sie es bemerken. Dazu nutzt sie Soft Power, die auch in anderen Bereichen des Lebens, zum Beispiel durch Unternehmen, genutzt wird.
Er erläuterte uns im vollbesetzten Saal, wann Propaganda (Edward Bernays) entstand und mit welchem Ziel. Es wurde schon damals versucht, durch bestimmte Nachrichten die Köpfe und Herzen der Menschen zu erreichen und sie dadurch zu beeinflussen.
Menschen sehnen sich von ihrem Ursprung her nach Frieden. Also warum ziehen sie plötzlich mit Begeisterung in den Krieg? Der 1. und der 2. Weltkrieg mit all ihren Schrecken und Opfern war nur möglich, weil durch Propaganda die Menschen überzeugt wurden.
Er erläuterte uns den Unterschied von Soft Power und Hard Power. Krieg ist immer Hard Power. Aber auch, wenn jemand mit einem Messer eine andere Person bedroht, z. B. um Geld zu erhalten, ist es Hard Power.
Soft Power ist die Beeinflussung/Manipulation der Menschen, ihrer Meinung, Gedanken und Gefühle, mit Informationen/Geschichten über Worte oder Bilder. Hier sollen ihre tiefen Gefühle, zum Beispiel Mitgefühl, Angst oder Hass, angesprochen werden, um deren die Zustimmung zu erhalten. Alle sollen an einem Strang ziehen. (Wenn alle Zeitungen das Gleiche schreiben kann kein Widerstand entstehen.)
Dr. Tögel erklärte uns 3 der Manipulations-Techniken der Softpower, die in den letzten Jahren immer mehr weiterentwickelt wurde: Framing, Dämonisierung und Gräueltaten. Ein Instrument ist die digitale Manipulation.
Ein Beispiel für Framing ist die Veränderung des negativ besetzten Begriffs ‚Propaganda‘ in ‚Public Relations‘. Ein weiteres ist der Begriff ‚Kollateralschaden‘, der in der Berichterstattung leichter hingenommen wird als z. B. die Worte ‚zerfetzte Leichen von Frauen und Kindern‘. Hier geht es darum, Kriegshandlungen emotionsloser und hinnehmbarer zu gestalten.
Ein Beispiel für Dämonisierung ist in dem Foto unten zu erkennen. Der deutsche Kaiser ist ein Teufel und lässt Frauen und Kinder bestialisch ermorden.
An Plakaten von damals ist zu erkennen, wie in Amerika die deutschen Soldaten als entmenschlichte Ungeheuer dargestellt wurden, um Hass zu erzeugen und die Beteiligung der USA am 2. Weltkrieg zu rechtfertigen. Es wurde lt. Tögel davon gesprochen, das deutsche Soldaten den belgischen Frauen die Brüste abschneiden und schlimmeres. Wir haben ähnliches für die Rechtfertigung des Irak-Krieges gehört, bekannt als ‚Brutkastenlüge‘. Es werden schlimme Nachrichten, Gräueltaten, in die Welt gesetzt, um den Krieg zu rechtfertigen und Motivation zu erzeugen, die Jahre später dementiert werden, nachdem viele Menschen ihr Leben lassen mussten.
Die digitale Manipulation kann stattfinden, weil wir überladen sind mit einer Flut von Informationen, die kaum nachprüfbar sind. Auch kann man die Aufmerksamkeit der Leser/Zuhörer lenken durch die Auswahl und Wichtung von Informationen.
Dr. Tögel macht aufmerksam auf den Schattentext, den jeder schon allein mit einer Bestellung oder Bewertung, eines Likes hinterlässt. Die Vorlieben des Internetnutzers etc. werden erkennbar und ermöglichen einen Blick in unsere Seele. Damit werden wir, lt. Dr. Tögel, steuerbar.
Nicht nur die NATO betreibt kognitive Kriegsführung. Jedes Land hat eigene Manipulationstechniken entwickelt. Er zeigte uns ein Beispiel aus Russland und Deutschland.
Manipulation funktioniert nicht immer, wie man am Beispiel Irak Krieg (fast alle Deutschen waren dagegen) sehen kann. Daher ist es wichtig, Narrative zu hinterfragen und Manipulation zu erkennen.
Er gab Hinweise, wie wir Manipulationen leichter erkennen können:
Markenzeichen sind:
– Wenn alle Menschen das Gleiche denken (sollen).
– Übertreibungen,
– Framing,
– Dämonisierungen, Gräueltaten
– es gibt nur einen Schuldigen (bzw. EINE Gruppe von Schuldigen),
Bei einem Konflikt zwischen 2 Ländern kann man sich beispielsweise bewusst machen:
A) Welche Narrative vertreten werden.
B) Welche unterschiedlichen Ebenen des Konfliktes gibt es. Z.B. Wirtschaft, Militär, Diplomatie und Information, sind noch andere Länder beteiligt.
Wir danken sehr für diesen sehr aufklärenden und mit vielen Beispielen gespickten Vortrag!
Anmerkungen:
1.
Im Vortrag wurden nur wenige Techniken erklärt. In seinem Buch „Die kognitive Kriegsführung“ finden sich auch weitere, z.B. die Inokulation
2.
Auf YT findet man von Dr. J. Tögel einen sehr aussagekräftigen Vortrag gleichen Namens
3.
Dr. Jonas Tögel ist ein Wissenschaftler, der viele Quellen für seine Arbeit verwendet. Er verwies auch auf die Definition von Propaganda auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier ein Auszug:
„Propaganda ist der Versuch der gezielten Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen. Wer Propaganda betreibt, verfolgt damit immer ein bestimmtes Interesse. …
Propaganda wird aber auch eingesetzt, um Soldaten für den Krieg zu rekrutieren oder die Kampfbereitschaft des Militärs aufrechtzuerhalten. Ein Mittel hierfür ist beispielsweise, die Bedrohlichkeit des Feindes hervorzuheben, um Aggressionen gezielt auf ihn zu lenken. ….Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht diskutieren und mit Argumenten überzeugen, sondern mit allen Tricks die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen, beispielsweise indem sie diese ängstigt, wütend macht oder ihnen Verheißungen ausspricht. Propaganda nimmt dem Menschen das Denken ab und gibt ihm stattdessen das Gefühl, mit der übernommenen Meinung richtig zu liegen.“
Quelle Stand Oktober 2024: https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/krieg-in-den-medien/130697/was-ist-propaganda/